Santurin. Ein Zimmer mit Aussicht mieten? Und dann Schiffsdieselschwaden der Kreuzfahrtschiffe atmen, denen der Landstrom zu teuer ist. Also weitersegeln, die Insel mit dem geringsten Schiffsverkehr suchen.
Pfänder. Üppige Touristendichte. Parfümwolken, Kuhfotografierer, schwitzende Übergewichtige, Spielplatzüberfüllung. Jugendgruppen quälen sich den Berg zu Fuß hoch, schallmotiviert durch Bluetooth-Boxen.
“NEW YORK 9/11 – Krieg in Zeiten von Frieden“ von Yadegar Asisi. Sehr beeindruckend, ohne spektakuläre Kriegsbilder gegen den Krieg. Bedeutsam die Stimmen und Perspektiven, die unseren eigenen Anteil an einer gewalttätigen Welt darstellen.
Die ersten Monate in Deutschland hatten
wir, junge Geflüchtete aus Russland,
wenig Kontakte mit der Außenwelt. Die ersten Einheimischen, die
uns im Ausländerwohnheim
besuchten, waren die Zeugen Jehovas. Wir sollten sofort in ihren
Turm umziehen.
Fast zeitgleich mit den Zeugen kamen die Versicherungsvertreter,
die uns
erklärten, dass man in Deutschland ohne einer Haftpflicht, einer
Unfall, einer
Rentenversicherung niemals glücklich werden kann. Wir lachten
über die Versicherungsvertreter.
Wir hatten keine Arbeit, konnten die Sprache nicht, wir waren
schwer damit
beschäftigt unsere Gegenwart aufzubauen, wir hatten keine Zeit,
an die Zukunft
zu denken. Man soll erst die Probleme lösen, nach dem sie
auftauchen, sonst
wird man vor Angst in den Wahnsinn getrieben. Damals wussten wir
nicht, dass die
Zukunftsangst ein wichtiger Identifikationsmerkmal hierzulande
ist. Die
Vorsorge, das beruhigende Gefühl, dass einem nichts passieren
kann, egal was
kommt, wirkt wie die Bachbluten Tropfen, selig sind diejenigen,
die daran
glauben.
Die Zukunftsangst ist eine
Volkskrankheit der
Deutschen, laut aktueller Umfrage blicken nur 19% optimistisch
in die Zukunft.
Die anderen frühstucken am Rande der Apokalypse. Diese harmlose
Marotte kann leicht
gegen das Land wie eine Waffe angewendet sein, wir sehen das an
dem aktuellen Gaserpressungsversuch
der russischen Regierung. Alles, was der Kreml in der letzten
Zeit macht ist
von einer gewissen Debilität gekennzeichnet, der Zeitpunkt für
die
Gasterpressung ist denkbar unpassend gewählt, mitten in einem
sehr heißen
Sommer. Deutsche Gasreservoirs sind über 60% gefühlt, besser als
vor dem Krieg,
mit vorhandenem Gas können wir den Winter überstehen, mehr als
die Hälfte unseres
Stroms kommt aus erneuerbaren Energien, Tanker mit Flüssiggas
sind unterwegs,
und wenn es hart auf hart kommt, haben wir enorme Kapazitäten
bei AKWs und
Kohlkraftwerken in Reserve. Und Russland kann weder drei Monate
ohne
europäisches Geld den Krieg weiterführen noch diese 120
Milliarden Kubikmeter
Gas nach China oder nach Indien umsteuern, dafür brauchte es
einer neuen
Gasleitung. Russische Gasreservoirs platzen von nicht verkauftem
Gas.
Um weniger zu produzieren, müssten sie
die Hälfte
ihrer Gasvorkommen schließen, was teurer als Krieg führen ist.
Der
Erpressungsversuch ist ein Bluff. Und doch macht sich die
berühmte German Angst
breit. Unser Wirtschaftsminister aktiviert Alarmstufe II und
duscht jetzt nur
noch 3 Minuten statt 5. Die Bundestagpräsidentin möchte die
Klimaanlage im
Bundestag auf zwei Grad runterdrehen, alles wegen Putin. Das
ganze Land zittert
und friert jetzt schon, bei dreißig Grad im Schatten. Manchmal
kann eine kalte
Dusche für das Land sehr erfrischend sein.